Sonntag, 10. Mai 2015

6 Monate Kanada: Ein Rückblick

                                                                 Hallo ihr Lieben,
auch ich glaube es kaum, aber heute bin ich seit exakt einem halben Jahr in Kanada unterwegs und es wird Zeit, Revue zu passieren. Rein gefühlstechnisch würde ich mein letztes halbes Jahr in 5 Kapitel unterteilen.
Kapitel 1: Die Farm von Darlene und Dale. Insbesondere: Darlene. Wäre Darlene nicht da gewesen, hätte ich mich nach meinen ersten 3 Tagen in diesem traumhaften Land direkt in den Flieger nach Hause gesetzt. Freunde, Familie, die Hunde, den Hof und insbesondere natürlich Luisa zurückzulassen war ein deutlich größerer und schmerzhafterer Schritt für mich als ich es jemals für möglich gehalten hätte –schließlich war Kanada schon immer mein Traum und auch hier haben unendlich liebevolle Menschen auf mich gewartet. In den zwei Monaten, die ich bei Darlene und Dale verbracht habe, ist Darlene voll und ganz zu meiner kanadischen Oma geworden, die ich zutiefst bewundere für alles, was sie ist, und von der ich unendlich viel gelernt habe.
Größte Lektion: Friendship is everything; There is friends, there is best friends and then there is friends that become family und: Ich werde definitiv in der Nähe von Luisa studieren, alles andere ist unvorstellbar. Nicht zu vergessen außerdem: -35 Grad ist eine schmerzhafte Außentemperatur!
Kapitel 2: Calgary Downtown bei Maria und Mark. Der Monat in Calgary begann damit, dass ich ausgeraubt wurde. Nie in dem ganzen halben Jahr habe ich mich so verloren, weit weg von zuhause und verletzlich gefühlt wie an dem Tag. Aber wieder habe ich daraus nur eine Lektion gelernt. Maria und Mark haben mich so sehr unterstützt in meinen Bemühungen, alles wieder gerade zu biegen (man bedenke alleine Marks Heldenaktion, meinen Rucksack zurückzuergattern!!). Wieder wurde mir so viel Liebe gegeben, so vieles neues bewusst gemacht. In Maria habe ich ein weiteres Idol gefunden – neben meiner Mama hatte ich nie einen so selbstlosen, aufopfernden Menschen gesehen und ich bewundere sie, wie sie mit ihren so wuseligen Jungs so verständnisvoll und liebevoll umgehen kann. Zusätzlich, und deutlich banaler, war es spitze, direkt neben dem berühmten Calgary-Zoo zu wohnen.
Größte Lektion: Alles wird gut. Oder noch besser: Alles ist gut. Mein Rucksack kam wieder, ein großer Teil der Kosten für meine Wertsachen wurde von der Versicherung übernommen, kein Grund zur Aufregung. Ich vertraue auf den positiven Fluss des Lebens
Kapitel 3: Vancouver, Apartment in einer der spannendsten Städte der Welt mit Blick auf den Pazifischen Ozean. Wenn mir diese Überraschung in Form des heftigsten Apartments der Welt nicht sagen wollte „nach einem Tief kommt immer wieder ein Hoch“, dann weiß ich auch nicht. Das Glück, was ich mit dieser Erfahrung hatte, kann ich immer noch nicht vollständig begreifen. Ebenso wenig die Großzügigkeit, mit der Martin mich empfangen hat. Vancouver ist eine Stadt, die voller Leben nur so pulsiert. Erlebnisse wie der Valentinstag am Robson Square (nachzulesen hier) haben mich tief berührt und inspiriert. Dass das Unternehmen, von dem ich berichtet habe, dann auch noch meinen Artikel veröffentlicht hat, war natürlich noch das Sahnehäubchen des Ganzen. Martin an sich - ehemals Angestellter bei Apple, der die Welt mit diesem Megakonzern bereist hat, um sich dann zu entscheiden doch lieber mit Apple als für Apple zu arbeiten – ist ebenfalls ein Vorbild geworden: Hard work pays off.
Alleine wohnen, kochen, essen (und zwar was ich will! Stichwort: NUR BROKKOLI!), waschen und so weiter war ein Luxus, den ich in vollen Zügen genossen habe.
Größte Lektion: Life’s a party und (nochmal) hard work pays off.
Kapitel 4: Ankunft von Sverre und Lars, Vancouver und Vancouver Island. Als Sverre (und zwei Wochen später dann auch Lars) angekommen sind, war meine Aufregung mal wieder nicht zu zügeln. Viel zu komisch war es, die zwei Welten (Deutschland, Kanada) plötzlich miteinander vereint zu sehen. Endlich konnte ich alle Erfahrungen teilen (woran ich derzeit noch fleißig arbeite), war endlich wieder 24/7 von blöden Sprüchen umgeben und wurde endlich wieder gaaaaaaanz viel geknuddelt. Zwar habe ich seit deren Ankunft nicht einen Tag lang mal kein Deutsch gesprochen, lerne grob geschätzt um etwa 90 Prozent weniger Leute kennen, kann nicht mehr gänzlich alleine bestimmen, was der Tag als nächstes so bringt, dafür fühle ich mich auf langen Busreisen und in Hostels deutlich sicherer und die Gefahr, sich alleine zu fühlen, kommt gar nicht mehr auf. Als wir uns dann nach Vancouver Island aufgemacht haben und die Farm, auf der wir arbeiten sollten, 4 Tage vor eigentlichem Arbeitsbeginn abgesagt hat, wurde meine Theorie „Alles wird gut“ mal wieder hart auf die Probe gestellt. Dass wir dann erst einmal in einem Messy-Haushalt gelandet sind mag vielleicht nicht der beste Beweis für meine Theorie sein, aber immerhin hatten wir ein Dach über dem Kopf, eine Menge zu essen und einen Job. Dann kam die Farm auf Port Alberni und dann auch schon Sharka in Metchosin. Aber der widme ich ein eigenes Kapitel.
Größte Lektion: Bestätigung meiner Überzeugungen – friendship totally is everything; Alles wird/ist gut. Sverre ist der Beste.
Kapitel 5: Sharka, Metchosin, Greater Victoria. Bereits als ich mit Sharkas Tochter telefoniert habe, über die der Kontakt zu Sharka hergestellt wurde, wusste ich, dass nicht nur Sharkas Tochter voller Liebe nur so sprüht, sondern auch dass Sharka ein echter Goldschatz ist. Und Sharka erwies sich als noch ein viel größeres Geschenk als gedacht. Ihr Haus ist wunderschön, riesig und lichtdurchflutet und diese Frau steckt voller Energie und Geschichten. Sie hat uns direkt fühlen lassen, wie willkommen wir sind und glücklicherweise hielt ihr traumhafter Garten genug Arbeit bereit. Nach der angestrebten Woche, die wir bleiben wollten, hat sie uns dann einfach nicht gehen lassen. Und heute schaue ich auf unfassbare anderthalb Monate zurück, die wir bei ihr verbracht haben. Dadurch, dass wir ihr Auto nutzen durften, sind wir an die unglaublichsten Strände gekommen (man schaue sich alleine Mystic Beach an, Bericht folgt) und haben ebenso ihre wunderbaren Töchter samt Familien kennengelernt. Sharkas Töchter sind beide ewig am lächeln und haben einen Sinn für’s Rumalbern, den ich sonst selten bei Erwachsenen gefunden habe. Wunderschöne Menschen! Clara, die ältere der beiden, steckt Hals über Kopf im Tohuwabohu (ja, das schreibt man so) – sie hat nicht nur einen tauben und sturen (aber ADORABLEN!!) alten Hund, eine Babykatze, 3 voller Energie (!!!) sprühende Kinder, sondern auch noch ein riesiges, fantastisches Traumhaus mitten auf Klippen mit Blick aufs Meer. Sie hat so viel Geduld, wertschätzt alles, was andere für sie tun, und ist die liebevollste und verständnisvollste junge Mutter die ich je gesehen habe.
Größte Lektion: Appreciate more (ganz wie Clara das tut. Es ist so schön, wenn seine Bemühungen gewertschätzt werden - und wenn es nur Kleinigkeiten sind.). Auch von Clara übernehme ich die Regel „you don’t have to eat it, but you have to try it“, die für mich als picky eater wirklich Gold wert ist. Von Sharka übernehme ich außerdem noch a) „google it“ sowie b) „when in doubt, add more wine“.

Während ich das hier so schreibe, muss ich breit grinsen und freue mich über jedes kleine Detail, was ich hier erlebt habe. Und meine Dankbarkeit für Darlene wächst ins Unermessliche, weil mir all dies Erfahrungen entgangen wären, wäre Darlene nicht dagewesen, hätte mir nicht gesagt, dass ich dem Ganzen ein wenig Zeit geben muss. Auch jetzt noch wächst meine Sehnsucht nach Luisa, den Hunden, Rumalbern mit Franzi und Rebecca, Pizza von Trattoria und meinem Fahrrad manchmal so ins Unermessliche, dass ich am liebsten ins nächste Flugzeug nach Deutschland steigen möchte; aber nun (nach 6 Monaten, na endlich, haha..) weiß ich, dass das alles noch da sein wird, wenn ich wiederkomme. Dass die Menschen, die wirklich zählen auch dann noch da sein werden, wenn ich wiederkomme und dass ich vor Freude aufjuchzen könnte, wenn ich überlege, wie viele Geschichten ich nun zu erzählen habe. Im letzten Jahr habe ich so viel gelernt, was man mir niemals in der Schule oder im Studium hätte vermitteln können. Trotzdem bin ich gespannt wie ein Flitzebogen, auf welche Uni es mich nun verschlägt und kann es kaum erwarten, mich in Büchern zu vergraben. Während ich nun also Revue passiere, bin ich vor allem dankbar für Alle, die mich hier unterstützt haben, meinen Traum so wahr zu machen - Meine Mama, die Goethe darin zustimmt, dass wir unseren Kindern Flügeln mitgeben müssen; Luisa (weil ich Luisa schlichtweg für ihre Existenz die Füße küssen möchte!!); Franzi, die mich überhaupt nicht gehen lassen wollte und mir trotzdem immer wieder gesagt hat, dass es das Richtige ist zu gehen; Rebecca, weil sie da ist und von positiver Energie auch dann noch strotzt, wenn ich denke dass ich mich gleich vor lauter Flugangst übergeben muss; meine ganze Familie (und hier nochmal ganz besonders: Krischan, weil er mir immer wieder gesagt hat, dass das eine klasse Sache ist. Du glaubst gar nicht, wie sehr mir das im Ohr geblieben ist!) und unzählig viele Leute, die mich hier mit offenen Armen empfangen haben: Darlene und Dale, Nadine (das „BE HERE NOW“ Schild trage ich täglich mit mir herum), Maria und Mark (aka Superman), Martin, Hannah, Miriam und Julia, Sharka, Clara und und und und und.

Genug der Sentimentalitäten, wir machen uns auf die lange Busreise nach Calgary, wo ich meine allerliebsten Kanadier (Maria und Mark, Darlene und Dale + family) endlich Sverre vorstellen kann. Ich hoffe es geht euch gut! Haltet die Ohren steif. Eure Svenja

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